Firmen, die DNA-Tests anbieten – Teil I: 23andme

Meinen allerersten DNA-Test habe ich im Februar 2014 bei 23andme bestellt. Laut einer E-Mail im Juni 2015, die anlässlich des einmillionsten Kunden verschickt wurde, war ich Kundin #654877. Heute zählt die 23andme-Datenbank mehr als 5 Millionen getestete Personen.

23andme – der Name bezieht sich auf die 23 Chromosomenpaare eines Menschen – bietet neben einer Ethnizitätsschätzung ein von Ahnenforschern hoch geschätztes Verwandtschaftsmatching an. Also eine Liste von Menschen in der Datenbank von 23andme mit denen man genetisch verwandt ist. Insbesondere für Adoptierte ist diese Liste eine Goldgrube, nur muss man außerhalb der USA etwas länger auf einen guten Treffer warten (damit ist ein Treffer ab 3% identischer DNA aufwärts gemeint).

Verwandtschaftsmatching

Wenn man ein weiter zurückliegendes Familienrätsel lösen möchte, ist es sehr hilfreich, möglichst viele bekannte Verwandte verschiedener Zweige zu testen, da man so die unbekannten DNA-Treffer in der Datenbank einem bestimmten Familienzweig leichter zuordnen kann.

Insgesamt habe ich 1027 genetische Verwandte bei 23andme, unterteilt in drei Gruppen: unmittelbare Verwandtschaft bis zu den Cousins und Cousinen 2. Grades, Cousins und Cousinen 3.-4. Grades sowie ihre Nachkommen und die noch weiter entfernten genetischen Cousins und Cousinen.

Hier seht ihr einen Screenshot meiner Verwandtschaftsliste. Da ich mittlerweile mehrere mir bereits bekannte Verwandte verschiedener Linien habe testen lassen, tauchen diese natürlich zuerst auf meiner Liste auf.

In der Übersicht wird der Prozentanteil identischer DNA sowie die Anzahl gemeinsamer Segmente mit den DNA-Treffern angezeigt. Es wird auch die verwandtschaftliche Beziehung zu der Person aufgrund des Prozentanteils gemeinsamer DNA geschätzt z.B. 1st-2nd cousins (was man später manuell abändern kann, wenn das genaue Verwandtschaftsverhältnis bekannt ist). Wenn mindestens ein Elternteil getestet wurde, wird außerdem angezeigt, ob der Treffer mütterlicherseits oder väterlicherseits ist.

Die Profile der genetischen Cousins und Cousinen kann man anklicken und u.a. erfahren auf welchen Chromosomen die identischen DNA-Segmente liegen. Sofern die Person in den Einstellungen nicht “Open sharing” gewählt hat, muss man ihr erst einen Request (ähnlich einer Freundschaftseinladung) schicken, um die Ergebnisse vergleichen zu können.

Manchmal geben die Personen auch Familiennamen und Orte an, was oft eine erste Einschätzung der gemeinsamen Verwandtschaftslinie ermöglicht. Wenn man es schafft den MRCA (most recent common ancestor), also den gemeinsamen Vorfahren mit dem Treffer ausfindig zu machen, dann kann man die identischen DNA-Segmente diesem konkreten Vorfahren zuordnen.

Da ich das Rätsel um die Herkunft meines in einem Waisenhaus aufgewachsenen Großvaters mütterlicherseits lösen möchte, bin ich auf der Suche nach Treffern, die ich seiner Linie zuordnen kann. Dazu ist die Relatives in common Funktion sehr hilfreich. Sie zeigt an, welche anderen DNA-Treffer man mit einer bestimmten Person gemeinsam hat.

Hier seht ihr das Profil von meinem amerikanischen Cousin M.B., den ich vorher nicht kannte und den ich zweifelsfrei der Linie meines Großvaters mütterlicherseits zuordnen konnte.

Laut der Relatives in common Funktion haben M.B. und ich 87 gemeinsame Verwandte bei 23andme. In der linken Spalte sehe ich ihre Namen, in der zweiten mein Verwandtschaftsverhältnis zu ihnen und in der dritten Spalte das Verwandtschaftsverhältnis von M.B. zu ihnen. Die rechte Spalte gibt an, ob es auch an der exakt gleichen Position eines Chromosoms DNA-Übereinstimmungen gibt – also ob es eine sogenannte Triangulation der Segmente gibt.

Außerdem verrät mir diese Ansicht, dass auch die Tochter von M.B. einen Test bei 23andme gemacht hat…

Da meine Mutter auf dieser Liste erscheint, weiß ich, dass ich durch sie mit M.B. verwandt bin. Da aber die Cousinen 1. Grades meiner Mutter auf ihrer mütterlichen Seite hier nicht zu sehen sind, muss die Verwandtschaft mit M.B. von ihrer väterlichen Seite sein. Mit 1,14% identischer DNA mit meiner Mutter und 1,08% mit meinem Onkel, ist M.B. somit höchstwahrscheinlich ein Cousin 3. Grades väterlicherseits. (Nachdem ich seine Tochter kontaktiert habe, konnten die gemeinsamen wolgadeutschen Wurzeln in Pobochnoye bestätigt werden.)

Darüber hinaus findet man bei 23andme nützliche Tools, wie z.B. einen Chromosomen Browser, mit dem man die Verwandtschaftsverhältnisse näher analysieren kann. So kann ich z.B. die Namen der Relatives in common aus dem oberen Schaubild in den Chromosomen Browser einfügen und sehen, dass meine Mutter, M.B. (lila) und L.F. (grün) auf dem ersten Chromosom triangulieren. Wenn ich also im Stammbaum von M.B. und L.F. einen gemeinsamen Vorfahren finde, kann ich daraus schließen, dass diese Person auch zu den Vorfahren meiner Mutter gehört.

Ethnizitätsschätzung

Anders als die meisten anderen Firmen gibt 23andme neben der Herkunftsschätzung auch die Zugehörigkeit zu den jeweiligen Haplogruppen und den Prozentanteil der Neandertaler-DNA an. Ja, richtig gelesen! Denn entgegen der früheren Annahme konnte inzwischen der Beweis erbracht werden, dass der moderne Mensch sich einst eben doch mit dem Neandertaler paarte.

Was die Herkunftsschätzung angeht, sollte man die Prozentangaben nicht allzu genau nehmen, da sich diese Wissenschaft erst noch am Anfang befindet. Unterschätzen sollte man sie deswegen jedoch auch nicht.

So sieht meine ethnische Zusammensetzung laut 23andme aus:

Es gibt noch eine andere Ansicht in einer Zeitleiste, die mir z.B. zeigt, dass ich einen asiatischen Vorfahren habe, der oder die zwischen 1710 und 1800 geboren wurde.

Da ich meine beiden Eltern getestet habe, kann ich sehen welchen Anteil ich von wem geerbt habe.

Ein anderes Schaubild zeigt mir aus welchen Ländern meine genetischen Cousins und Cousinen (in der Datenbank von 23andme) kommen.

Auch ihre ethnische Zusammensetzung kann ich dieser Übersicht entnehmen:

Meine mitochondriale DNA-Haplogruppe ist T1. Diese wurde seit Tausenden von Jahren von der Mutter an die Tochter vererbt und sollte ich irgendwann selbst eine Tochter haben, wird ihre mtDNA-Haplogruppe mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls T1 sein (außer es tritt eine Mutation auf). Zu den jeweiligen Haplogruppen bietet 23andme kurze Infos.

Männliche Testpersonen erfahren zusätzlich ihre Y-Haplogruppe, da das Y-Chromosom ausschließlich vom Vater an den Sohn vererbt wird. Mein Vater gehört der R-M417 Y-Haplogruppe an, mein Onkel (und somit auch der Großvater) mütterlicherseits der I-M223 Haplogruppe.

Neanderthal Girl

Laut 23andme habe ich 310 genetische Varianten, die mit den Neandertalern in Verbindung gebracht werden. Somit habe ich mehr Neandertaler-DNA als 92% der von 23andme getesteten Personen…

Gesundheitsinformationen

Außerhalb der USA bietet 23andme nur in einigen wenigen Ländern auch Gesundheitsinformationen an, z.B. ob man die Anlagen für bestimmte Krankheiten geerbt hat oder nicht. Man kann außerdem erfahren, ob man laktoseintolerant ist (allerdings weiß man das meist schon vorher ;-)) und es gibt noch weitere Angaben, auch zu äußerlichen Merkmalen. Wie gesagt, diese Infos gibt es leider nicht für deutsche Kunden. Man kann seine DNA-Rohdaten jedoch auf https://promethease.com/ hochladen, um ähnliche Informationen zu bekommen.

Forum & Research

Im 23andme-Forum, kann man Fragen stellen oder eigene Ergebnisse mitteilen. Dort gibt es z.B. ein sogenanntes Waiting, Whining & Wishing Thread, in dem andere User die aktuellen Bearbeitungszeiten der Tests im Labor angeben.

Darüber hinaus kann man unter der Rubrik Research mit eigenen Angaben zur Forschung beitragen, wenn man das möchte.

Wie bereits oben erwähnt, hat man bei 23andme die Möglichkeit die DNA-Rohdaten herunterzuladen, um die Datei dann woanders hochladen zu können. DNA-Rohdaten von anderen Anbietern kann man bei 23andme aber nicht hochladen.

https://www.23andme.com/en-int/