Anwendung der Visual Phasing Methode an Chromosom 1 mithilfe der programmierten Excel-Datei von Steven Fox

Wenn ihr die Möglichkeit habt drei Vollgeschwister zu testen, dann gibt es eine weitere tolle Sache, die ihr mit euren DNA-Ergebnissen machen könnt, und zwar die von Kathy Johnston entwickelte Visual Phasing-Methode auszuprobieren. Sie ermöglicht es euch eure DNA-Segmente allen vier Großelternteilen zuzuordnen (ohne dabei die Eltern oder die Großeltern selbst testen zu müssen), indem man die DNA-Rekombinationspunkte der drei Geschwister miteinander vergleicht. Um jedoch festzustellen, welchem der Großelternteile ein bestimmtes DNA-Segment gehört, braucht man weitere genetische Verwandte unterschiedlicher Familienlinien zum Vergleich. Idealerweise sollten es mehrere Cousins oder Cousinen 2. Grades von beiden Seiten sein, aber auch etwas weiter entfernte Verwandte haben sich als sehr nützlich erwiesen.

Ich selbst habe keine Vollgeschwister, glücklicherweise trifft es aber sowohl auf meinen Vater als auch auf meine Mutter zu. Meine Mutter und meinen Onkel mütterlicherseits habe ich schon vor einigen Jahren testen lassen und als ich das erste Mal von der Visual Phasing-Methode in dem großartigen Blog von Blaine Bettinger gelesen habe, wusste ich sofort was ich als nächstes tun würde – einen DNA-Test für meine Tante bestellen!

In meiner ursprünglichen Fassung erklärte ich wie man die Visual Phasing-Methode manuell anwendet, doch ich hielt eine Überarbeitung für sinnvoll, da ich es mir mittlerweile nicht mehr vorstellen kann, Visual Phasing ohne die programmierte Excel-Datei von Steven Fox zu machen. Der ganze Vorgang geht um einiges schneller voran! Nachdem man die autosomalen DNA-Rohdaten bei GEDmatch hochgeladen hat, sollte man der Visual Phasing Gruppe auf Facebook beitreten – das ist im Moment der einzige Ort, wo man diese Datei herunterladen kann. Jedoch kann man mit der Excel-Datei erst etwas anfangen, wenn man weiß, wie die Visual Phasing-Methode funktioniert und generell ein gutes Verständnis der genetischen Genealogie hat. Bevor wir also anfangen, sollten wir erst einen kurzen Blick auf die Grundlagen der genetischen Genealogie werfen. (Wenn ihr bereits mit den Grundlagen gut vertraut seid, könnt ihr direkt zum zweiten Teil übergehen.)

TEIL I – DIE GRUNDLAGEN

1.1 Die Vererbung der Chromosomen

Die DNA eines Menschen ist auf 23 Chromosomenpaare verteilt, 22 autosomale Chromosomenpaare und ein Geschlechtschromosomenpaar (entweder XX für Mädchen oder XY für Jungen). Es sind also immer zwei Kopien desselben Chromosoms (bis auf das Geschlechtschromosom) vorhanden – eine von der Mutter und eine vom Vater vererbt. Bei der Entstehung eines Kindes wird die autosomale DNA aus beiden Chromosomenkopien der Eltern neu rekombiniert und jeweils ein neu zusammengesetztes Chromosom an das Kind weitergegeben. Die Stellen, an denen es zu einer Neuvermischung der DNA kommt, nennt man Crossing-over oder schlicht Rekombinationspunkt.